Gemeinden übernehmen in der Schweiz eine zentrale Rolle in der Ausgestaltung und Umsetzung von Angeboten für Kinder im Vorschulalter und ihre Familien. Das Ziel des Anlasses war es, den 75 Teilnehmenden durch Fachreferate einen Einblick in bewährte Programme der Frühen Förderung zu geben sowie im Rahmen von Thementischen Praxisbeispiele aus kleinen und mittleren Gemeinden kennenzulernen und zu diskutieren.
Begrüsst wurden die Teilnehmenden von Thomas Jaun, Präsident des Netzwerks Kinderbetreuung Schweiz. Das Grusswort richtete Matthias Maier, Leiter a.i. des Fachbereichs Kinder- und Jugendhilfe beim Amt für Jugend und Berufsberatung (AJB) des Kantons Zürich, an die Anwesenden. Darin lud er die Teilnehmenden zum „kategorischen Kooperativ“ ein: Akteure der frühkindlichen Bildung sollen einerseits andere zur Kooperation gewinnen, selbst kooperieren (durch das Einbringen von eigenen Fachbeiträgen usw.), Kooperation veranstalten (z.B. durch die Organisation von Vernetzungsanlässen) sowie Kooperation installieren (z.B. Kooperationsgefässe zur Erreichung eines Ziels einrichten).
Im Anschluss referierten Anke Moors, Co-Geschäftsführerin von a:primo, und Patricia Lannen, Forschungsverantwortliche am Marie Meierhofer Institut für das Kind (MMI), gemeinsam über das Zusammenspiel von Evaluation und Praxis am Beispiel von schritt:weise regional für kleinere und mittlere Gemeinden. Sie zeigten auf, dass es sich lohnt, in evidenzbasierte, qualitativ hochstehende Angebote der Frühen Förderung zu investieren, um dadurch die Zielgruppe der sozial benachteiligten und isolierten Familien zu erreichen. Am Beispiel vom aufsuchenden Hausbesuchsprogramm schritt:weise konnte nachgewiesen werden, dass sich auf der Elternebene positive Veränderungen feststellen lassen, die mit der Anzahl Hausbesuche und der Anzahl der Teilnahme an Gruppentreffen zusammenhängen. Moors und Lannens Schlussplädoyer lautete, dass es sinnvoll sei, in die Frühe Förderung zu investieren, um Kinder von Anfang an zu fördern und einen leichteren Zugang zu den Eltern zu erhalten.
Im zweiten Fachreferat stellte Claudia Hametner, stellvertretende Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbands, die 2018 erschienene "Orientierungshilfe für kleinere und mittlere Gemeinden zur Entwicklung von kommunalen Strategien" vor. Die Orientierungshilfe empfiehlt unter anderem, die Vernetzung innerhalb der Gemeindebehörden sowie zwischen Gemeinden und Anbietern der Frühen Förderung zu stärken und auch eine Vermittlungs- und Koordinationsstelle zu schaffen. Von spezieller Bedeutung für kleinere und mittlere Gemeinden ist die interkommunale Vernetzung, um Synergien zu schaffen und Good Practices auszutauschen.
Nach einer kurzen Pause verteilten sich die Teilnehmenden auf sechs verschiedene Thementische und diskutierten Praxisbeispiele der Frühen Förderung aus verschiedenen Gemeinden. Die Thementische wurden jeweils durch einen kurzen Input der ModeratorInnen eingeleitet und boten anschliessend Zeit für Diskussion.
Thementisch 1: Volketswil: Die Idee eines Bildungsnetzwerks realisieren mit Unterstützung der Gemeinwesenarbeit und Primokiz 2 (Andrea Dettling, Sandra Altermatt)
Die erste Gruppe befasste sich anhand des Beispiels Volketswil damit, wie Akteure die Rahmenbedingungen für Familien mit kleinen Kindern in ihrer Gemeinde durch die Etablierung eines Bildungsnetzwerkers verbessern können.
In Volketswil gaben die extrem heterogenen Entwicklungsstände der Kinder bei Eintritt in den Kindergarten Anlass dazu, am Projekt Primokiz2 teilzunehmen. Primokiz2 unterstützt Gemeinden beispielsweise im Prozess des Aufbaus eines Bildungsnetzwerkes, in dem sämtliche Bildungsakteure miteinbezogen werden und zusammenarbeiten. Ziel davon ist es, bestehende Angebote zu stärken und sie untereinander zu vernetzen.
In der Diskussion zeigte sich, dass die wichtigsten Gelingfaktoren die breite Abstützung des Projektes und eine gute und dem Ziel verpflichtende Zusammenarbeit zwischen politischer Gemeinde und Schulgemeinde sind. Für die Teilnehmenden war zudem wichtig zu erkennen, dass Bildungsnetzwerke agile Gebilde sind und auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Gemeinden oder auch Regionen angepasst werden können. Den Teilnehmenden wurde klar, dass Primokiz II eine verlässliche Leitplanke im Strategie- und Aufbauprozess darstellt. Die Diskussion zeigte jedoch auch, dass nicht jede Gemeinde sich auf einen stark strukturierten Prozess einlassen kann oder will; Hier gilt es das Thema pragmatisch und vielleicht auch „hemdsärmlig“ anzugehen.
Thementisch 2: Dübendorf: Starke Eltern sind der Schlüssel zur frühkindlichen Bildung (Dora Marti, Gina Sessa)
Am Thementisch 2 wurden das Vorschulangebot "Startklar – fit für den Kindergarten und Schule" und weitere Angebote für Eltern mit Migrationshintergrund vorgestellt.
Anhand des Praxisbeispiels in der Gemeinde Dübendorf zeigten die Moderierenden, wie eine gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen lokalen Akteuren im Vorschulbereich funktionieren kann und wie Eltern davon profitieren können.
Thementisch 3: Das Familienzentrum Uster – ein Ort für Familien mit Kleinkindern! (Andreas Wyss)
Am Beispiel des Familienzentrum Uster setzten wir uns mit den Anforderungen, Erfolgsfaktoren wie auch Grenzen der Zusammenführung unterschiedlicher Angebote an einem Ort auseinander. Das Familienzentrum ist Anlaufstelle und Treffpunkt in einem. Die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Besucherinnen und (leider nur beschränkt) Besucher wie auch der Angeboten (staatliche, nichtstaatliche, professionelle und solche von Freiwilligen) in Einklang zu bringen, ist eine grosse Herausforderung. Durch diese Vielfalt entsteht jedoch erst das besondere Potential.
Als Vision steht die Weiterentwicklung hin zu einer Bildungslandschaft im Raum: das Familienzentrum soll auch die Angebote für Familien und Kinder ausserhalb des Zentrums miteinander vernetzen und sich selbst zum Orientierungspunkt der Frühen Förderung entwickeln. Es geht darum, gemeinsam an guten Bedingungen des Aufwachsens von Kindern zu arbeiten und dieses Potential allen Familien und Kindern zugänglich zu machen.
Thementisch 4: Frühe Förderung braucht ein Konzept! Aber wie viel? (Reto Mayer, Jürgen Mischke)
Konzepte zur frühen Kindheit bieten sich an, um Angebotslücken zu identifizieren und bestehende Angebote besser zu koordinieren und miteinander zu vernetzen. In der vierten Gruppe wurde die Bedeutung von Bedarfsanalysen thematisiert und ihr Potenzial um aufzuzeigen, wo in einer Gemeinde bei der Frühen Förderung „der Schuh drückt“. Konzepte sollten auch in einem partizipativen Prozess erarbeitet werden, damit sämtliche relevanten Akteure miteinbezogen werden. Es wurde empfohlen, in der Umsetzung auf bestehende Angebote und etablierte Projekte zurückzugreifen, um die beschränkten Mittel effektiv und effizient einzusetzen.
Thementisch 5: Hausbesuchsprogramme: Ein präventiver Ansatz, um sozial benachteiligte Familien zu erreichen und zu begleiten (Erika Dähler, Barbara Steinegger)
In der fünften Gruppe wurden die beiden Hausbesuchsprogramme "PAT – Mit Eltern Lernen" und schritt:weise hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten, der zentralen Unterschiede sowie Wirkung verglichen. Im Rahmen dieses Vergleichs ist ein kurzes Papier entstanden, das die Unterschiede der zwei Programme aufzeigt und hier eingesehen werden kann. Anschliessend diskutierten die Teilnehmenden, wie die Modelle in kleinen und mittleren Gemeinden umgesetzt werden können.
Thementisch 6: Familienraum Wallisellen – aufeinander abgestimmte, regional verankerte Frühförder-Angebote unter einem Dach (Susan Wiederkehr)
Der Familienraum Wallisellen vereint verschiedene Angebote für Familien mit Kindern im Vorschulalter in nächster Umgebung. Der Familienraum ist einerseits ein Begegnungsort für Mütter, Väter, Betreuungspersonen, Grosseltern und Kinder. Andererseits finden regelmässig Beratungsangebote statt, es besteht ein Betreuungsangebot, das es erlaubt, Beruf und Familie miteinander zu verbinden und er bietet ein vielseitiges und umfassendes Bildungsangebot für Eltern und Kinder. Wie solche Konzepte entstehen und wie sie sich bewähren, war Diskussionsthema der sechsten Gruppe.
Im Anschluss an die Thementische tauschten sich die Teilnehmenden bei einem Netzwerk-Apéro aus.
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