Wissenschaftsrat: Mit frühkindlicher Förderung und Betreuung gegen ungleiche Bildungschancen

Dass das Schweizer Bildungssystem soziale Ungleichheiten nicht vermindert, sondern eher reproduziert, zeigten bereits verschiedene Berichte und Studien auf internationaler Ebene (vgl. OCED Pisa-Sonderstudie) sowie auf nationaler Ebene (vgl. Bildungsbericht 2018). Ausgehend davon verfasst der Schweizerische Wissenschaftsrat (SWR) im Bericht "Soziale Selektivität" diverse Empfehlungen, um die sozialen Ungleichheiten von Bildungschancen in der Schweiz nachhaltig zu verringern. Der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung kommt dabei gemäss den Autoren eine zentrale Rolle zu.

Als zentrale Schlussfolgerung hält der Bericht fest, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein Bildungssystem hat, das durch ein hohes Ausmass an Chancenungleichheit geprägt ist. Dabei sei u.a. die geringe Verbreitung der frühkindlichen Betreuung und Förderung auffallend (S. 68 des Berichts), obwohl diese Angebote zur Verminderung ungleicher Bildungschancen schon vor dem Eintritt ins Bildungssystem beitragen würden. Der SWR empfiehlt daher u.a., dass der Bundesrat die strategische Unterstützung der frühkindlichen Förderung in seine nächste Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) ab 2021 aufnehmen soll (S. 10).

Im Bericht formuliert der SWR zudem vier zentrale Handlungsfelder für mehr Chancengerechtigkeit im Schweizer Bildungssystem. Das erste Handlungsfeld ist die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (S. 70), für das der SWR die folgenden strategischen Ziele definiert:

  • Eine altersgerechte Betreuung und Förderung von Kleinkindern gewährt grösstmögliche Chancengerechtigkeit beim Eintritt in die Schule.
  • Eine umfassende Politik der frühen Kindheit im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich sorgt für eine bereichs- und institutionsübergreifende Umsetzung entsprechender Ziele und Massnahmen: Der Bund und die interkantonalen Konferenzen stellen die Kommunikation und Abstimmung der Ziele und Massnahmen in diesem Bereich gemeinsam sicher.
  • Die Verbesserung der Qualität der Förderung und Bildung in den bestehenden Institutionen erfolgt durch eine Verbesserung des Ausbildungsstands des Personals.

Verbessern sollen sich also die Kooperation und Koordination zwischen Fachbereichen und föderalen Ebenen, die Qualität und Professionalisierung der Angebote sowie die Zugangsmöglichkeiten aller Zielgruppen zu Angeboten im Frühbereich. Als konkrete Massnahmen, um diese Ziele zu erreichen, schlägt der SWR auf Bundesebene u.a. Folgendes vor:

  • Die Akteure auf Bundes- und Kantonsebene sowie die interkantonalen Konferenzen stimmen ihre Aktivitäten gezielt und bereichsübergreifend aufeinander ab (z.B. Stärkung der Koordination zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherungen, dem Bundesamt für Gesundheit und dem Staatssekretariat für Migration).
  • Weiterführen der Bundes-Finanzhilfen zur Senkung der Elternbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung.
  • Förderung von Forschungsprogrammen und der statistischen Erfassung von Grundlagendaten durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation sowie das Bundesamt für Statistik.

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